Cochrane Reviews / Kommentare

Kapitel 28: Gerontopsychiatrie und -psychotherapie

 


Depressionsbehandlung:
 

01.09.2003:

EBM Einem neuen systematischen Review zufolge sind niedrig dosierte Antidepressiva (zwischen 75 und 100mg/Tag) wirksamer als eine Placebobehandlung, sie gehen jedoch mit erhöhten Nebenwirkungen einher (Evidenzstufe 1a: Furukawa et al. 2003, Cochrane Review). Aufgrund der unzureichenden Datenlage (z.B. nur 5 randomisiert kontrollierte Studien mit älteren Depressiven) besteht nach wie vor dringender Forschungsbedarf.

Kommentar:

Die Psychopharmakotherapie im Alter ist durch Multimorbidität, Polypharmazie und veränderte Pharmakokinetik und Pharmakodynamik erschwert. Deshalb ist die vergleichende Untersuchung einer Niedrigdosistherapie gegenüber einer Standarddosistherapie grundsätzlich von hoher Relevanz.
Bei der Therapie mit trizyklischen Antidepressiva (TCA) steht gerade bei älteren depressiven Patienten das optimale Verhältnis zwischen einerseits klinisch erwünschten Wirkungen (z.B. Stimmungsverbesserung, schlafanstoßende Wirkung, Verbesserung der Schlafqualität) und andererseits unerwünschten Nebenwirkungen (z.B. kardiale Erregungsleitungstörungen, Mundtrockenheit, Obstipation, Miktionsstörungen) und Arzneimittel-Interaktionen (z.B. Gefahr von Herzrhythmusstörungen) im Vordergrund.
In der vorliegenden Meta-Analyse können in der Subgruppe Old people für den statistischen Vergleich Low dosage TCA versus placebo allerdings nur 5 Studien (n=265 depressive Patienten im Alter über 65 Jahre) von den insgesamt 35 verfügbaren Studien (n=2013 Patienten aller Altersgruppen) herangezogen werden. Wie die Autoren der Meta-Analyse selbst bemerken, ist die statische Power dieser 5 Studien mit älteren Patienten zu gering, um sichere statistische Aussagen zu treffen.
Es besteht also für die Antidepressivatherapie im Alter weiterhin ein dringender Forschungsbedarf, und zwar hinsichtlich einer optimalen Wirkungs-/Nebenwirkungsrelation in Abhängigkeit von der Medikamentendosis.



Gedächtnistraining:

 

S. 1068

EBM Einem Cochrane Review zufolge könnte das Realitätsorientierungstraining (ROT) ein wirksames Verfahren zur Verbesserung kognitiver Defizite und Verhaltensstörungen bei Dementen sein (EVIDENZSTUFE 1a: SPECTOR ET AL., 2002). Durch ROT lassen sich diese kognitiven Defizite und Verhaltensauffälligkeiten signifikant reduzieren. Da diese Metaanalyse jedoch auf einer sehr kleinen Stichprobe (nur insgesamt 125 Patienten) beruht und die Zeitstabilität der Verbesserung nicht evaluiert werden konnte, wird von den Reviewern weiterer Forschungsbedarf gesehen.

01.09.2003: 

Das Review zur reality orientation (Spector et al. 2003) wurde von der Cochrane Collaboration zurückgezogen. Die Studien zur reality orientation sollen in ein neues Review "Cognitive stimulation for dementia" integriert werden.


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