Cochrane Reviews / Kommentare
Kapitel 15: Posttraumatische Belastungsstörungen
Psychopharmakotherapie:
S. 733: |
„EBM Die Autoren eines Cochrane Review … halten aufgrund der gegenwärtigen Datenlage Therapieempfehlungen zugunsten einer Medikamentensubstanz für verfrüht. Dieser Metaanalyse zufolge weisen TZA, SSRIs und MAO-Inhibitoren ein breites Wirksamkeitsspektrum auf, da sich nicht nur die komorbide Begleitsymptomatik (Angst, Depression), sondern auch PTBS-typische Symptome wie Intrusionen und Vermeidungsverhalten signifikant und klinisch bedeutsam reduzieren lassen. Bezüglich Effektivität und Akzeptanz ergaben sich keine Unterschiede zwischen den drei Substanzklassen (Evidenzstufe 1a: Stein et al., 2006, Cochrane Review).“ |
05.08.2006: |
EBM In einem, auf einem vergrößerten Datensatz beruhenden Aktualisierung dieses Reviews betonen die Autoren die Wirksamkeit einer Psychopharmakotherapie (TZA, SSRIs, MAO-Inhibitoren) im Hinblick auf die Reduktion PTBS typischer und komorbider Symptomatik und bez. der Verbesserung der Lebensqualität. Unter Medikation lag die Responserate mit 59,1% deutlich höher als in der Placebogruppe (38,5%). Aufgrund der Vielzahl verfügbarer Studien zu SSRIs und der damit verbundenen soliden empirischen Absicherung (auch für den Langzeitverlauf) geben die Autoren eine Therapieempfehlung insbesondere für diese Substanzgruppe ab (Evidenzstufe 1a: Stein et al., 2006, Cochrane Review). |
Kommentar: |
In diesem update erwiesen sich - mit Einschränkungen - SSRIs
als die wirksamste spezielle Stoffgruppe. Dies ist gegenüber der
Vorgängerversion, die ebenfalls von der Arbeitsgruppe um Dan Stein (2002)
verfasst wurde, eine bemerkenswerte Veränderung, da in der damaligen Metaanalyse
noch keine Stoffgruppe eine überlegene Wirksamkeit für sich beanspruchen konnte.
Die aktuelle Überlegenheit von SSRIs dürfte insbesondere darauf zurückzuführen
sein, dass zwischenzeitlich mehr Daten, die Wirksamkeit von SSRIs betreffend
vorliegen als in der Vorgängerversion. Insgesamt zeigten insbesondere die SSRIs
Paroxetin und Sertralin die größte Wirksamkeit, d.h. die Substanzen, die auch in
Deutschland (nur Paroxetin) bzw. den USA (beide) für die Behandlung der PTSD
zugelassen sind. Dieser Befund weicht von den Guidelines der britischen NICE
(2005) ab, die, basierend auf ihren Berechnungen, eher Mirtazapin als wirksamste
Substanz einstuften. Auch die Guidelines der American Psychiatric Association
APA (2004) sehen die SSRIs als Mittel der ersten Wahl an. |
Psychotherapie:
04.07.2005: |
EBM
In einem aktuellen Cochrane Review (Evidenzstufe 1a: Bisson et al., 2005;
Cochrane Review) wurde die Wirksamkeit psychologischer Verfahren in der
Behandlung der chronischen PTBS (Dauer > 3 Monate) erwachsener Patienten
evaluiert, wobei Trauma-fokussierte Kognitiv behaviorale Therapie (abgek. T-KVT)
(als Einzel- oder Gruppentherapie), verhaltenstherapeutisches Stress-Management
und „andere Psychotherapien“ (Counseling, supportive Therapie) mit Warteliste
bzw. „üblicher Versorgungspraxis“ verglichen wurden. Berücksichtigt wurden
insgesamt 29 randomisierte, kontrollierte Studien, Studien, in denen „Eye
Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR)“ angewandt wurde, waren nicht
einbezogen. Als Erfolgsmaße dienten Fremdbeurteilungen der PTBS, verschiedene
Selbstbeurteilungsverfahren der PTBS, Angst, Depression, aufgetretene
Nebenwirkungen sowie die Abbrecherquote. |
Kommentar: |
Die systematische Cochrane-Analyse bestätigt die bislang in narrativen
Reviews und Metaanalysen beschriebene Einschätzung einer Überlegenheit der
störungsspezifischen KVT mit Expositionsvorgehen gegenüber unspezifischen
Verfahren wie Counseling und supportiver Therapie bzw. dem spontanen Verlauf.
Neben der Reduktion der primären Zielsymptomatik werden durch KVT assoziierte
Beschwerden wie Angstsymptome und depressive Beschwerden wirksam reduziert. |
14.09.2007: |
EBM
In einer Aktualisierung obigen Reviews (Bisson et al., 2005) wurde neben einer
Trauma-fokussierten kognitiv behavioralen Therapie (T-KVT; als Einzel- oder
Gruppentherapie), verhaltenstherapeutischem Stress-Management, „anderen
Psychotherapien“ (Counseling, supportive Therapie) auch das eye movement
desensitisation and reprocessing“ (EMDR) auf seine Wirksamkeit hin überprüft
(Evidenzstufe 1a: Bisson und Andrew, 2007; Cochrane Review). Trauma spezifische
KVT und Stressmanagement waren als Einzel- und Gruppentherapie (KVT) sowohl der
Wartegruppe als auch „anderen Therapien“ gegenüber überlegen. Die nicht
kognitiv-verhaltensorientierten Psychotherapien waren nicht wirksamer als die
Wartebedingung. EMDR erwies sich als vergleichbar wirksam wie T-KVT. Im direkten Vergleich war T-KVTund EMDR in den ersten 2 bis 5 Monaten nach Therapieende wirksamer als Stressmanagement. Auch in diesem Review weisen die Autoren darauf hin, dass mögliche Nebenwirkungen der aktiven Behandlungsformen, (die höhere Abbrecher-Quoten aufweisen als die Warteliste) bislang nur unzureichend untersucht sind. |