Cochrane Reviews / Kommentare

Kapitel 9: Organische (und symptomatische) psychische Störungen

 



Medikamentöse Therapie der vaskulären Demenz:
 

01.02.2004:

EBM Den Befunden einer Metaanalyse zufolge profitieren Patienten mit einer leicht bis mittelschwer ausgeprägten vaskulären Demenzen von einer Behandlung mit dem Cholinesterasehemmer Donepezil ( 5 oder 10mg/die). Kognitive Funktionen (ADAScog) und Alltagsaktivitäten (ADFACS) verbesserten sich signifikant nach einer 6-monatigen Behandlung (Vergleichsgruppe: Placebo), wogegen dieVerbesserung im klinischen Gesamteindruck (CGI) nur zwischen der 5mg Gruppe und Placebo signifikant wurde (Evidenzstufe 1a: Malouf und Birks, 2004; Cochrane Review).

Kommentar:

Bei insgesamt 1219 Teilnehmern in den in die Metaanalyse einfließenden Studien ist die Datenlage zu Donepezil in der Behandlung der vaskulären Demenz mittlerweile sehr gut. Angesichts der in dieser Erkrankungsgruppe erwartungsgemäß hohen Komorbidität (Hypertonien, koronare Herzerkrankungen) zeigte sich keine signifikante Erhöhung der Rate der Studienabbrecher in der 5mg Gruppe gegenüber Placebo bei einer leichten Erhöhung der Studienabbrecherrate in der 10mg Gruppe. Die Rate von Schlaganfällen lag unabhängig von der Behandlungsgruppe bei 4-5% innerhalb von 24 Wochen, was die Wichtigkeit der Behandlung von Risikofaktoren bzw. der Rezidivprophylaxe in dieser Patientengruppe unterstreicht. 60% der Patienten wiesen bereits zu Beginn eine positive Schlaganfallanamnese auf. Zusammengefaßt ist aufgrund der vorliegenden Daten eine Zulassung von Donepezil zur Behandlung der vaskulären Demenz zu erwarten. Kleinere Studien mit ähnlichen Ergebnissen wurden für andere Cholinesterasehemmer berichtet, ohne dass bisher ein vergleichbar umfangreiches Datenmaterial publiziert wurde. Damit scheint der Wirkmechanismus einer Hemmung der Acethylcholinesterase auch bei vaskulären Demenzen von therapeutischen Nutzen zu sein.



Medikamentöse Therapie der Alzheimer Krankheit:
 

S. 326 ...

"EBM Nach einer Cochrane-Metaanalyse ist für Galantamin ab einer Dosis von 8 mg pro Tag ein konsistenter positiver Effekt bei der Behandlung milder und moderater Alzheimer-Demenzen über einen Zeitraum von sechs Monaten belegt. Dieser positive Effekt spiegelte sich sowohl auf Einschätzungsskalen (globales Behandlerurteil, Beurteilung der Aktivitäten des täglichen Lebens, Beurteilung von Verhaltensauffälligkeiten) als auch in kognitiven Testuntersuchungen wieder (Evidenzstufe 1a: Olin u. Schneider, 2003, Cochrane Review)".

15.01.2007:

EBM Im Rahmen der Aktualisierung der Metaanalyse zu Galantamin erscheint die 16 mg / Tag Dosierung der 24 mg / Tag Dosierung nicht unterlegen zu sein, wobei die Verträglichkeit der niedrigeren Dosierung besser ist. Die neu eingeführte retardierte Tablettenform mit täglicher Einmalgabe ist bzgl. des Wirkungs- und Nebenwirkungsprofils der zweimal täglichen unretardierten Gabe vergleichbar (Evidenzstufe 1a, Loy und Schneider, 2006, Cochrane Review).

Kommentar:

Ob in der klinischen Praxis eine Dosissteigerung von 16 mg auf 24 mg erfolgt, muss letztendlich von der individuellen Verträglichkeit abhängig gemacht werden. In den Studien mit 32 mg fehlt bei weiter zunehmenden Nebenwirkungen eindeutig ein positiver Effekt der Dosissteigerung.


 

15.01.2007:

EBM In Einklang mit den Warnhinweisen zu atypischen Neuroleptika zeigen die Ergebnisse einer Metaanalyse, dass beim Einsatz von atypischen Neuroloptika insgesamt eine erhöhte Mortalität für Demenzpatienten gefunden wird, dies gilt auch für Risperidone, dass eine Zulassung zur Anwendung bei Demenzpatienten besitzt (Evidenzstufe 1a, Ballard und Waite, 2006, Cochrane Review).

Kommentar:

Risperidon ist weiterhin in der Indikation zur Behandlung schwerer Verhaltensstörungen bei der Alzheimer Demenz zugelassen und sein Einsatz ist teils unverzichtbar. Reduktionsversuche im Behandlungsverlauf sollten jedoch regelmäßig erwogen werden.


 

S. 327 ...

"EBM Eine Metaanalyse fand Evidenz für die Wirksamkeit von Memantin bei der Alzheimer-Demenz, gemischten Demenzformen und der vaskulären Demenz, abgebildet im globalen klinischen Eindruck, und Hinweise auf die Wirksamkeit im Bereich der Aktivitäten des täglichen Lebens (Evidenzstufe 1a: Aerosa Satre und Sheriff, 2003; Cochrane Review)“.

07.07.2005:

EBM Eine, auf zwei Studien beruhende Aktualisierung dieses Reviews findet (Bezugszeitraum: 6 Monate) Evidenzen für eine positive Wirkung von Memantine bzgl. der Kognition (durchschnittliche Unterschied zu Placebo 4,12 Punkte in der Severe Impairment Battery (SIB)) sowie der alltagspraktischen Fähigkeiten (Evidenz I) bei mittlerer bis schwerer Alzheimer Demenz (Evidenzstufe 1a: Arosa Sastre A et al., 2005, Cochrane Review). Ebenso finden sich positive Effekte bezüglich neuropsychiatrischer Auffälligkeiten, wobei diese dem ärztlichen Eindruck (CIBIC+) zufolge jedoch nur gering ausgeprägt waren.
Beim Vorliegen von bisher nur einer publizierten sechsmonatigen Studie zur Wirksamkeit von Memantine bei leichter Alzheimer Demenz wurden positive Effekte bzgl. des ärztlichen Eindrucks und neuropsychiatrischer Auffälligkeiten gefunden. Inkonsistente Effekten ergaben sich bzgl. der Kognition, alltagspraktische Fähigkeiten verbesserten sich nicht.
In zwei sechsmonatigen Studien mit Memantine zur leichten bis mittelschweren vaskulären Demenz ließen sich positive Effekte bezüglich der Kognition (Differenz zu Placebo im Schnitt 1,85 Punkte im ADAScog) und neuropsychiatrischen Auffälligkeiten finden, die sich jedoch nicht im ärztlichen Globalurteil widerspiegelten.
Aufgrund dieser Befunde kann zur Anwendung von Memantine bei leichter Alzheimer Demenz und bei leichten bis mittelschweren vaskulären Demenzen noch keine Aussage auf der Evidenzstufe 1a getroffen werden.

Kommentar:

Diese Datenlage unterstützt den Einsatz von Memantine bei der mittelschweren bis schweren Alzheimer Demenz, wofür die Substanz auch in Deutschland zugelassen ist. Zur evidenz-basierten Beurteilung eines Einsatzes außerhalb dieses Indikationsbereiches muss die Veröffentlichung weiterer Studien abgewartet werten.


 

S. 325 ...

"EBM Eine Cochrane-Übersichtsarbeit ( Evidenzstufe 1a) kommt zu dem Ergebnis, dass die Substanz (Cytidindiphocholin) zumindest in den (durch den jeweiligen Untersucher beurteilten) Clinical-Global-Impression-Skalen deutlich Plazebo überlegen war, wogegen die Effekte in den anderen Messskalen zwar signifikant, aber äußerst gering waren. Anzumerken ist hierbei, dass einer der Autoren des Cochrane Reviews auch Investigator in diesen Studien war (Evidenzstufe 1a: Fioravanti und Yanagie, 20003; Cochrane Review).

07.07.2005:

EBM Eine Aktualisierung des Cochrane Reviews bzgl. Cytidinediphosphocholine (CDP-choline) findet bei sehr heterogenen Patientengruppen („vaskuläres kognitives Impairment“, „senile Demenz“) für den kurz bis mittelfristigen Einsatz Hinweise für eine positive Wirkung von CDP-Choline auf das Gedächtnis und das Verhalten (Evidenzstufe 1a: Fioravanti und Yanagi 2005, Cochrane Review)

Kommentar:

Angesichts der extrem heterogenen Studienstichproben und zumeist kurzen Studiendauern sowie unzureichenden Angaben bzgl. weiterer Effektivitätsbereiche (globaler Eindruck, alltagspraktische Fähigkeiten) müssen zur Beurteilung eines möglichen Indikationsgebietes sowie einer klinischen Wirksamkeit besser konzipierte Studien vorgelegt werden.


 

S. 326 ...

"EBM Eine Cochrane Meta-Analyse (Evidenzstufe Ia) kommt zu dem Schluß, dass bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer Demenz über einen Zeitraum von bis zu 52 Wochen unter der Einnahme von Donepezil eine moderate Verbesserung der Kognition sowie eine positivere ärztliche Fremdbeurteilung nachweisbar sind. Keine Verbesserung wurde in dem Bereich Lebensqualität gefunden, wobei die Einschätzung von den Patienten selbst erfolgte (Evidenzstufe 1a: Birks et al. 2003; Cochrane Review)".

01.09.2003:

EBM In einer Erweiterung der bereits vorhandenen und positiven Beurteilung zum Einsatz von Donepezil bei einer leichten bis mittelschweren Alzheimer Demenz konnte durch zusätzliche Daten die Wirksamkeit von Donepezil über 52 Wochen und bei Patienten mit einer schweren Alzheimer Demenz belegt werden (Evidenzstufe 1a: Birks und Harvey, 2003; Cochrane Review).

Kommentar:

In weiteren Studien zur Wirksamkeit von Acethylcholinesterasehemmern bei schweren Demenzstadien werden in Zukunft auch für dieses Erkrankungsstadium angepasste Meßinstrumente vermehrt eingesetzt werden. Eine Weiterführung von Meßinstrumenten aus frühen Krankheitsstadien kann zu einer geringeren Veränderungssensitivität führen (Fußbodeneffekt). Insgesamt ist angesichts des fortschreitenden Verlustes von cholinergen Rezeptoren eine gleichbleibende Wirksamkeit von Acethylcholinesterasehemmern über den ganzen Erkrankungsverlauf nicht selbstverständlich. Speziell für den späteren Krankheitsverlauf konzipierte Studien sind für die meisten Acethylcholinesterasehemmer erst jetzt begonnen worden.

15.01.2007: EBM Eine überarbeitete Metaanalyse bestätigt die bisherigen Daten zu Donepezil und führt auch Daten zu einem weiter nachweisbaren Effekt nach 52 Wochen an (Evidenzstufe 1a, Birks und Harvey, 2006, Cochrane Review).
Kommentar: In England wurde letztendlich im Rahmen der Kosten-Nutzen Debatte trotz der geringen Effekte ein Einsatz von Donepezil für die Alzheimer Demenz bei einem Schweregrad zwischen einem MMSE von 20 bis 10 vom National Institute of Clinical Excellence (NICE) befürwortet.


Nichtmedikamentöse Therapie:
 

S. 333 ...

"EBM ... Für die Reminiszenztherapie (RT; Spector et al., 2003,; Cochrane Review) „standen geeignete Daten nur von 15 Teilnehmern zur Verfügung, die keine statistisch signifikanten Unterschiede zeigten. Zur Beurteilung der RT fehlen somit hinreichende Daten“.

07.07.2005:

EBM Die Überarbeitung des Cochrane Reviews bzgl. der Reminiscence Therapie führte zum Einschluß von 4 Studien mit 144 Patienten. In den einzelnen Studien fanden sich positive Effekte bzgl. der Kognition. Bei teilnehmenden Angehörigen wurde eine Reduktion der psychischen Belastung beobachtet. Die Reviewer sehen aber weiterhin die dringende Notwendigkeit, größere und einheitlichere Studien mit einer klarer operationalisierten „Reminiscence Therapie“ durchzuführen (Woods et al., 2005, Cochrane Review)


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